Arm – an Geld, Zeit und Perspektiven.
Sexy – abenteuerlustig, jung, dynamisch, mit Lust auf Privatleben und Arbeit.

Wednesday, 28 April 2010

Bundesfrauenkonferenz der Grünen

„Nicht länger Machos sein müssen!“ – Einige Grüne Männer haben jüngst ein Männermanifest verfasst (http://www.gruene-linke.de/2010/04/09/das-grune-manner-manifest/), in dem sie erklären: „Wir sind Grüne Feministen“ mit allem, was dazugehört – der Forderung „Neue Väter statt ‚Vater morgana’!“, flexibleren Arbeitsmodellen für Männer, die das Vereinbarkeitsproblem auch für sie lösen, Gesundheitspolitik für Männer. „Dabei ist wirkliche Gleichberechtigung, sind gleiche Rechte und gleiche Pflichten nur mit den Männern zu erreichen – nicht gegen sie. Frauen haben durch den Feminismus ihre Möglichkeiten erweitert, Männern steht dieser Schritt noch bevor.“. Wir sind begeistert. Die Grünen Frauen nicht, zumindest einige nicht. Sie sagen, die Männer reden immer nur, haben aber keine Lösungsvorschläge und werden nicht politisch aktiv. Verstehen wir – irgendwie. Parteistrukturen machen ja vor patriarchaler Dominanz nicht halt. Und das Manifest der Männer erfuhr viel öffentliche Aufmerksamkeit, Anerkennung und Lob. Die Bundesfrauenkonferenz nicht. Eigentlich taucht sie kaum auf in der Presse nicht, nicht einmal bei den Grünen selbst besonders augenfällig. Das ist natürlich komisch. Von dieser Wut auf die Männerwelt war die Konferenz leider auch zu weiten Teilen getragen. Umkehrung bestehender Machtverhältnisse wurde häufiger als Forderung geäußert als der Ruf nach Geschlechtergerechtigkeit im Wortsinne. Das mag auch daran liegen, dass bedauerlicherweise die einzigen anwesenden Männer der Konferenz Fotografen und Journalisten waren. Und doch verwunderte uns das Eine: Die schriftlichen Ausführungen im Parteiprogramm und in diversen Broschüren der dem Feminismus und der Geschlechtergerechtigkeit gewidmeten Gunda-Werner-Stiftung der Grünen lesen sich hervorragend: von Gender Democracy ist da die Rede (entgegen dem allgemeinen Trend selbst politische Begriffe, oder gar politische Institutionen, grundsätzlich durch Anglizismen zu ersetzen, möchten wir lieber von Geschlechterdemokratie reden), echter paritätischer Arbeitsteilung in Beruf und Familie, vom Aufbrechen von Geschlechterrollenklischees, von neuen Kodierungen von ‚Männlichkeit’ und ‚Weiblichkeit’. Die Dokumente zeugen vor allem davon: dem Engagement und der Gender-Kompetenz der Grünen-Berater, -Experten und -Politologen. Dass die anwesenden Politikerinnen in erster Linie das sind – Politikerinnen – zeigt auch, dass diese ein breiter gefasstes Kompetenzspektrum abdecken müssen, eben keine ExpertInnen sind und vielleicht emotional auch anders feministisch sind als ihr Parteiprogramm es theoretisch fasst. Der diskutierte Feminismus, um den es auf der Konferenz größtenteils ging, zeigte immer wieder große Reminiszenzen an den Feminismus der 70er und 80er Jahre. Sowohl viele der Beiträge widmeten sich eher einer etwas aggressiv verstandenen Vorherrschaft von Frauen über Männer als ernsthaft versuchter Gerechtigkeit beider Geschlechter – ganz zu schweigen davon, dass andere Geschlechter, Geschlechtsidentitäten und Geschlechtszuschreibungen weder angesprochen noch mitgedacht wurden. Nun mag das daran liegen, dass die Konferenz nun mal eine Frauenkonferenz war, aber es stellt sich doch tatsächlich die Frage, ob man 30 Jahre nach Alice Schwarzers und ihrer Mitstreiterinnen dankenswerten gesellschaftlichen Umwälzungen nicht doch auch eine Gender-Demokratie-Konferenz veranstalten könnte. Das soll nicht heißen, dass diese Punkte nicht angesprochen und ausgesprochen wurden: Annelie Buntenbach als Streiterin für Frauenrechte im Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Beispiel argumentierte brillant gegen ausbeuterische Rahmenbedingungen von Arbeit, die vor allem Frauen betreffe, nicht nur in der Entlohnung der geleisteten Arbeit sondern auch in Zeitstrukturen, Sicherheiten wie Rente und Verdienstausfallregelungen, und rechtlichen Grundlagen. Vor allem wandte sie sich ausdrücklich gegen Zeitarbeit, die „Arbeit erster und Arbeit zweiter Klasse“ kreiere. Auch die Ressortleiterin der taz, Ines Kappert, begeisterte durch ihre konsequente und überzeugende Umsetzung von Feminismus und Gender-Demokratie in Rede und (Berufs-)Alltag. Das Podium gewann vor allem durch ihre Redebeiträge an intellektuellem und visionärem Gehalt. So gelang es ihr gemeinsam mit Claudia Roth, Gender in eine Analogieposition zu gelebter, mündiger Demokratie zu stellen. Sie betonte die Notwendigkeit einer geschlechtersensiblen „Gegenöffentlichkeit zur Neoliberalisierung unserer Gesellschaft“, die sich nicht mit „konservativer Emanzipation“ ohne Solidarität oder Ideen von Strukturen zufriedengibt, sondern die „eine Idee von Staat entwickelt, der sich der Kannibalisierung durch die Eliten erwehren kann“, der handlungsfähig sei. Es sei wichtig eine „Positivvision“ zu entwickeln und mit „Kleininitiativen“ anzufangen. Roth betonte ebenfalls die immense Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit für eine stabile Demokratie und rief dazu auf, neu zu positionieren, was gesellschaftlichen Reichtum ausmache, ob es marktrelevante Umsetzbarkeit von individueller Arbeit in Leistungsträger-Modelle sei oder etwa strukturelle Rahmenbedingungen „guter Arbeit“ auch für MigrantInnen oder die Existenzsicherung für sozial Benachteiligte. Kappert plädierte visionär für Arbeitszeitverkürzung. Sie rief ebenso ins Gedächtnis, was unter der Emotionalität persönlicher Erfahrungen oftmals nicht erwähnt wurde: dass es nicht um Frauen und Männer gehe, sondern vielmehr um Kodierungen, um Männlichkeiten und Weiblichkeiten. Und dennoch, die Pragmatik in der Umsetzung geschlechterpolitischer Anliegen auch im Hinblick auf tagespolitische Debatten, parteiinterne Meinungsverschiedenheiten und den forcierten Wahlkampf in NRW nimmt den geäußerten Anliegen der Grünen viel von ihrer visionären Kraft. Ja, uns Frauen bleibt viel zu tun auf dem Gebiet des Feminismus – aber wir sind auch eine neue Generation, Kinder der ersten Feministinnen, und sollten unseren eigenen Feminismus entwickeln statt die Parolen einfach zu übernehmen, die uns den Weg erst geebnet haben, einen solchen zeitgemäßen Feminismus überhaupt zu denken – und umzusetzen. Offenbar ist auch die Problematik prekärer Arbeitsverhältnisse im wissenschaftlichen Bereich selbst den Grünen (noch) nicht bewusst: auf den Kommentar einer Workshopteilnehmerin, dass man/frau nicht immer nur über Geringqualifizierte sprechen könne, ganz im Gegenteil, gerade an Hochschulen seien prekäre Arbeitsverhältnisse gang und gäbe, wurde ihr recht gegeben mit einer Anekdote über eine Sekretärin, die sich in ebensolchen Strukturen befinde… Die Zielsetzungen unserer Frauen- und Männergeneration müssen heute sicherlich manchmal andere, teils komplexere, als früher sein. Lesen wir grünes Geschriebenes. Sagen wir es. Packen wir es an!

Wednesday, 14 April 2010

Bundesfrauenkonferenz in Bonn

Am kommenden Wochenende findet in Bonn die Bundesfrauenfonferenz der Grünen unter dem Motto "Der Green New Deal - Ein guter Deal für Frauen!" statt. Am 17. und 18. April wird sich dabei alles um eine gerechte Verteilung von Erwerbs-, Erziehungs- und Pflegearbeit drehen, um stabile Rechtsverhältnisse und verlässliche Rahmenbedingungen für Frauen und um die Frage "Was ist uns (Frauen-)Arbeit wert?".
"Wir wollen Jobs mit Zukunft, sinnvolle, gute Arbeit und einen existenzsichernden Lebensunterhalt für Frauen und für Männer, mit dem sie ihr Leben nicht nur bestreiten, sondern auch gestalten können" heißt es in der Einladung. Da fühlen wir uns angesprochen - und fahren hin. Wir wollen mitdiskutieren, lernen, hören und Frauen und Männer kennenlernen, die das auch so sehen. Frauen aus Politik, Verbänden und Wirtschaft werden da sein, Vorträge halten, moderieren, Ideen aufbringen und verwerfen. Wäre schön, den oder die eine/n oder andere/n von euch dort zu treffen!

http://www.gruene.de/themen/bundesfrauenkonferenz.html

Monday, 12 April 2010

„Vätermonate“?

Ja, Eltern sollen frei entscheiden können über die Aufteilung der Elternzeitmonate. Und ja, das Ansinnen von Familienministerin Schröder, die „Partnermonate“ von zwei auf vier auszuweiten und somit die Elternzeit insgesamt auf bis zu 16 Monate zu verlängern, hören wir gern – zumal, wenn es die Väter sind, die sich in die Kinderbetreuung ernsthaft einbringen. Warum aber, so fragen wir uns davon abgesehen, wird in der Presse fast unisono die Vokabel „Vätermonate“ genutzt?
„Statt wie bisher 14 Monate sollen Eltern nach Schröders Plänen künftig zusammen insgesamt 16 Monate aus dem Berufsleben aussteigen können. Der Referentenentwurf sieht die Einführung zweier zusätzlicher Vätermonate vor“ schreibt die ZEIT am 1. April über Schröders Pläne. Die Süddeutsche Zeitung dazu am 2. April: „Bereits Anfang März hatte Schröder angekündigt, sie wolle die Zahl der so genannten Vätermonate von zwei auf vier Monate erhöhen und zudem ein Teilzeitelterngeld einführen“. Und die FAZ schreibt am 6. April: „Familienministerin Kristina Schröder verlangt zwei zusätzliche "Vätermonate" samt üppiger Teilzeitregelung – je Kind könnten Eltern dann bis zu vier Jahre Geld vom Staat erhalten“.
Im Gesetzestext zur Elternzeit- und Elterngeldregelung ist von „Elternteil“ die Rede, und von „Partnermonaten“. Auch wenn in der Realität tatsächlich zumeist Mütter 12 Monate Elternzeit beantragen, und Väter lediglich zwei, so lässt der Text selbst diese Entscheidung zumindest offen. Die Gründe für eine 12 zu 2-Entscheidung sind offensichtlich: Die Frau hat dieses Kind schließlich zur Welt gebracht, stillt es, und muss sich gesundheitlich einfach ein bisschen erholen. Zudem verdient sie zumeist weniger als der Vater – es ist also finanziell von Vorteil, wenn eher er ein stabiles Gehalt beibehält. Aber: Zwei Monate sind ehrenwert und schön – haben allerdings eher mit einem verlängerten Urlaub als mit einer „Babypause“ zu tun. Und dabei erinnern wir uns kurz an die Schmähung der sogenannten „Vätermonate“ als „Wickelvolontariat“ (zitiert aus Tagesspiegel, 21. Februar 10). In zwei Monaten verliert niemand den Anschluss an seine Firma, den Forschungsstand oder die Berufskontakte. In zwölf kann das schon passieren.
Wir fragen uns also: Warum benutzen offenbar alle großen Zeitungen egal welcher politischen Ausrichtung „Vätermonate“? Macht dies nicht von vornherein ein alternatives Denken (z.B. eine Aufteilung einer gleichen Anzahl von Elternteilmonaten gegebenenfalls sogar zu gleicher Zeit oder Väter länger als Mütter) unmöglich? Werden dadurch nicht traditionelle Geschlechterrollen eher verfestigt – und die Idee zu einer alternativen und individuellen Auslegung dieser Paragraphen eher unwahrscheinlich?
Zum Teil werden die „Vätermonate“ zwar in Anführungszeichen gesetzt, die Frage ist jedoch, warum diese heiklen zwei, vielleicht bald vier, Monate überhaupt so genannt werden und nicht vielmehr genau diese Geschlechterfrage in der Aufteilung der Monate mehr zum Thema gemacht wird. So geschehen in der TAZ (2. April): „Kämen die Neuerungen, die so schon im Koalitionsvertrag vereinbart waren, könnte dies also vieles verändern, auch in der Wirtschaft: Unternehmen wären damit konfrontiert, dass viele Väter nicht mehr nur zwei, sondern vier Monate abwesend sind. Ob man länger aussetzen kann, ohne Karriereoptionen einzubüßen, ist eine der ungeklärten Fragen der männlich dominierten Unternehmenskultur. Firmen müssten sich überdies damit abfinden, dass mehr Männer für ein gutes Jahr auf Teilzeit wechseln wollen, um sich mit der gleichfalls verkürzt arbeitenden Partnerin die Erziehungsaufgaben zu teilen. Die Erweiterung des Elterngeldes fördert eine neue Ökonomie in den Geschlechterrollen. Denn gerade in den kritischen Monaten nach der Geburt eines Kindes "traditionalisieren" sich bisher viele Paare, weil die Väter Überstunden kloppen und die Mütter im Job aussetzen.“ (Barbara Dribbusch).