Arm – an Geld, Zeit und Perspektiven.
Sexy – abenteuerlustig, jung, dynamisch, mit Lust auf Privatleben und Arbeit.

Monday, 1 March 2010

„Arm aber sexy“ sind die Kategorien, die uns in diesem Blog interessieren: prekäre Arbeit, Geschlechter, Privates. Wir arbeiten in wissenschaftlichen Berufen, bekommen dafür Geld oder auch nicht, sind flexibel, gut ausgebildet, teamfähig, vernetzt, karriereorientiert – und wir sind Frauen und Männer, die ein Problem damit haben, all das mit unserem privaten Leben, unseren Partnerschaften, Kindern, Zuhause und Freunden zu vereinbaren. Es scheint, als sei die Wissenschaft ein Makel, etwas, wofür man sich ganz oder gar nicht entscheidet. Offenbar ist es nicht leicht möglich, wissenschaftlich tätig und ein Mensch zu sein. Wollen wir uns entscheiden: Beruf oder ein funktionierendes soziales Leben? Nein - wir wollen alles! Und das ist nicht zuviel, das ist unser gutes Recht!

Wir wollen alle jungen und nicht mehr ganz jungen WissenschaftlerInnen ansprechen, die mit dem, was sie können und tun, auch soviel Geld und Sicherheit haben wollen, dass Themen wie Familie, Zuhause und Partnerschaft auch noch möglich sind. Die genug davon haben, immer mitleidig angeschaut zu werden von dienstwagenfahrenden Gleichaltrigen, die ‚eben auch in die Staatskasse einzahlen’. Wir gestalten diese Gesellschaft an wichtigen Schnittstellen mit – und wir wollen, dass dieses Engagement nicht nur als schönes Hobby wahrgenommen, sondern als Beruf wie jeder andere mit Rechten und Regeln anerkannt wird. Wir haben genug davon, dass uns immer gesagt wird, wir müssten halt flexibel sein. Wir sind gern flexibel, wenn wir einen Handlungsrahmen haben - und damit meinen wir ganz gezielt öffentliche Strukturen: gut betreute Krippenplätze, Arbeitsplatzgarantie im Schwangerschaftsfall, Teilzeitlösungen für Frau und Mann etc. Wir sind Frauen und Männer, die endlich nicht mehr darüber reden müssen wollen, wer mehr verdient, ob es sich eine/r überhaupt leisten kann, nicht zu arbeiten, selbst wenn er/sie zuhause bleiben wollte oder ob Arbeit aufgegeben werden muss, weil sich ein einzelner Verdienst steuerlich mehr lohnt. Wir wollen Möglichkeiten für gleichberechtigte Beziehungen und Partnerschaften in Beruf, Karriere und Privatleben!

Mehr auf www.armabersexy.tumblr.com.


Wer sind wir?

Wir haben diesen Blog gegründet nach vielen leidenschaftlichen, ermüdenden und hoffnungsvollen Gesprächen. Dabei haben wir vor allem eines festgestellt: wir sind viele! Wir haben wenig Geld, viel Intellekt, befristete Verträge für halbe Stellen, keine Zukunftsplanung, keine Sicherheiten, wir hassen Mitfahrgelegenheiten und zugige Bahnhöfe, doppelte Mieten, doppelte Kosmetikausstattungen, verknitterte Kleidung aus dem Rucksack, wir kennen das dauernde schlechte Gewissen, nie für jemanden Zeit zu haben, und wir fahren Gemüse in der Bundesrepublik herum, damit es nicht immer schlecht wird. Wir diskutieren und lesen und forschen und haben Hoffnungen und Ideale. Und wir sehnen uns nach Zuhause und Sicherheiten und Ruhe und der Bahncard 100.

Wir wollen es nicht verheimlichen: wir persönlich sind zumindest zurzeit in einer privilegierten Lage: alle drei haben wir Doktorandenstellen an der Universität Heidelberg. Unsere Arbeitszeit können wir uns relativ frei einteilen, unsere Kollegen sind nett, und vom Gehalt und ein bisschen Idealismus können wir leben. Wir schreiben die Arbeit, die wir wollen, und bekommen dafür Geld. Eigentlich geht es uns gut.

3 comments:

  1. "Wir haben wenig Geld, viel Intellekt, befristete Verträge für halbe Stellen, keine Zukunftsplanung, keine Sicherheiten, wir hassen Mitfahrgelegenheiten und zugige Bahnhöfe, doppelte Mieten, doppelte Kosmetikausstattungen, verknitterte Kleidung aus dem Rucksack, wir kennen das dauernde schlechte Gewissen, nie für jemanden Zeit zu haben, und wir fahren Gemüse in der Bundesrepublik herum, damit es nicht immer schlecht wird. Wir diskutieren und lesen und forschen und haben Hoffnungen und Ideale. Und wir sehnen uns nach Zuhause und Sicherheiten und Ruhe und der Bahncard 100."

    Ihr habt die Zahl der Ikea-Startboxen vergessen, die im Laufe einer globalisierten WissenschaftlerInnen-Karriere immer wieder neu gekauft werden, weil die Umzüge natürlich nicht gezahlt werden und es bei transkontinentalen Umzügen günstiger ist, das Geschirr vor Ort zu verkaufen und am neuen Ort wieder eine neue Startbox zu kaufen.

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  2. Finde Eure Idee sehr schön, mit diesem Blog einen Treffpunkt für alle prekär arbeitenden AkademikerInnen anzubieten. Weiter so, nicht klein kriegen lassen, nicht verzagen und dafür kämpfen, daß sich die Verhältnisse endlich ändern!

    Dr. Michael Bussmann,
    Forschungszentrum Dresden-Rossendorf

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  3. ihr sprecht mir aus der seele. unwort des jahres demnach auch "doppelte haushaltsführung".
    und dazu noch eine schöne anekdote aus unser aller steuersystem: beim versuch, die publikationskosten für meine diss. unter der rubrik "werbungskosten" einzureichen und bei der steuererklärung anzugeben, wurde dies im ersten versuch abgelehnt. die begründung dazu war, dass eine dissertation schließlich keine weiterbildung, oder direkt für mich nützlich sei, sondern (zitat) "mein privatvergnügen"...
    es hat fast drei monate gedauert und unendlich viele erklärungen, nerven und dokumente verschlungen, bis es gelungen ist, den damen und herren klar zu machen, dass es universitätsstellen gibt, die ohne abgeschlossene promotion nicht zu bekommen sind.
    fazit: let's battle on!

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